7 Gründe für weniger Stress und mehr Musse mit Deinem Kind.

VON DORIS GANTENBEIN AM 01.04.2019

Beziehung statt Erziehung - Einzigkeit, Eltern-Coaching

‚Jetzt beeil Dich doch. Sei nicht so langsam. Mach doch mal ein bisschen schneller. Wenn Du immer stehen bleibst kommen wir zu spät. Trödel doch nicht immer so herum.’

Kommt Dir das bekannt vor? Gehören diese Sätze auch zu Deinem Stamm-Wortschatz im Zusammensein mit Deinem Kind? Dann kann ich Dich beruhigen – Du bist nicht allein.

Zeitnot ist in unserer modernen Gesellschaft zu einem Dauerzustand geworden, und dies obwohl den Menschen noch nie eine so lange Lebensspanne beschert war wie heute.

Auch wenn wir gemessen an Stunden und Jahren reicher sind als je zuvor, haben wir am Ende doch keine Zeit.

Bereits unzählige Kinder werden von ihren Eltern von Termin zu Termin gejagt mit dem Wunsch, sie so früh wie möglich optimal zu fördern. Kurse für Babys und Kleinkinder boomen, sei es mit Sprachkursen wie ‚Englisch für Babys‘, Chinesisch für Zweijährige‘ oder mit einem Sing- oder Schwimmkurs.

Aber auch ältere Kinder haben während und nach der Schule ein enormes Programm zu bewältigen. Die wachsende Förderwut der erwartungsvollen Eltern führt dazu, dass immer mehr (Klein-)Kinder verplant sind und kaum mehr Zeit finden, Kind sein zu dürfen. Selbst viele Eltern hetzen sich im Alltag ab und finden kaum eine ruhige Minute.

Das Privileg der Muße scheint nicht vielen vergönnt.

Darum erzähle ich Dir im heutigen Blog-Artikel von den 7 Gründen für weniger Stress und mehr Muße mit Deinem Kind und weshalb das alles so wichtig ist.

1. Muße stärkt die Beziehung zu Deinem Kind

Muße ist etwas Grundlegendes, um das Beziehungsband zu Deinem Kind zu stärken. Denn wenn du keine Zeit hast, ständig im Stress und dauernd unterwegs bist . . . wie soll da eine Beziehung wachsen und gedeihen können?

Stell Dir vor, Dein Kind ist am Spielen und hat die Welt um sich herum vergessen. Es ist vollkommen erfüllt und strahlt Zufriedenheit aus. Du merkst, dass es an der Zeit ist, sich für den anstehenden Termin bereit zu machen und rufst dem Kind zu, es solle sich anziehen.

Selbstverständlich ignoriert Dein Kind das.

Du rufst nochmals, und nochmals, jedes Mal etwas lauter und genervter. Nichts passiert.

Nun reicht es Dir, Du bist wütend und drohst Deinem Kind mit einer Strafe. Das nützt.

Doch zu welchem Preis?

Du hast zwar Dein Ziel erreicht und das Kind macht endlich, was Du von ihm verlangst. Allerdings bist Du wütend, und Dein Kind ist ebenfalls wütend. Seine Zufriedenheit ist wie weggeblasen, es ist frustriert, gereizt, gestresst. Und solltest Du noch weitere Kinder haben, so bekommen diese ebenfalls davon zu spüren.

Doch was noch schlimmer ist: Das Beziehungsband zwischen Dir und Deinem Kind erleidet mit jedem Mal solcher Auseinandersetzungen kleine Risse.

Es ist klar, wir haben alle unsere Termine. Die Frage ist bloss das Mass. Hast Du Dich schon mal gefragt, ob wirklich alle nötig sind? Oder geht es auch mit weniger?

Wenn ein Termin wirklich sein muss, so hilft es, das Kind rechtzeitig darauf vorzubereiten. Du kannst zum Beispiel bereits beim Frühstück den Termin ankündigen. Eine halbe Stunde bevor es Zeit ist, sich bereit zu machen, kannst Du es Deinem Kind wieder mitteilen. Und dann nochmals 10 Minuten vorher. So ist das Kind innerlich auf den Termin eingestimmt und hat die Chance, sich in seinem eigenen Tempo von seinem Spiel zu lösen.

Um mit Deinem Kind in Beziehung zu sein, braucht es gemeinsame Zeiten, in welchen ihr zusammen seid. Es ist nicht einmal nötig, etwas Besonderes zu machen. Es genügt schon zusammen etwas zu spielen, sich in einem Gespräch auszutauschen, zu spazieren, zu lachen, Blickkontakt zu haben.

Solche kleinen Muße-Momente stärken das Beziehungsband zwischen Dir und Deinem Kind.

2. Muße ermöglicht Dir Reflektion

Das Zusammensein mit Deinem Kind kann mitunter ganz schön anstrengend sein und Dich herausfordern.

Das ist ganz normal.

Wichtig dabei ist, immer wieder zu reflektieren. Dazu brauchst Du Muße, denn in der Eile gelingt Dir das nur oberflächlich.

Zum einen ermöglicht Dir die Muße, das Verhalten Deines Kindes zu reflektieren und somit immer mehr zu verstehen, wieso es sich in einer bestimmten Situation so und nicht anders verhalten hat.

Zum anderen bekommst du die grosse Chance geschenkt, Dein eigenes Verhalten genauer unter die Lupe zu nehmen und zu hinterfragen.

3. Muße bringt Dich in Kontakt mit Dir selber

Kinder sind Experten in der Kunst der Langsamkeit.

Sie geben sich die Zeit, um sich an kleinen Dingen im Alltag zu erfreuen, dabei zu verweilen und in aller Tiefe darin einzutauchen. Sie geben sich die Zeit, ganz im Augenblick zu sein und alles um sie herum intensiv zu erleben.

Sie geben sich die Zeit, die Blüte einer Blume, ein Tier oder eine Pfütze zu beobachten und im Detail zu studieren. Sie geben sich die Zeit für den eigenen Rhythmus und das geruhsame Entdecken ihrer Umgebung. Sie sehen viel mehr, da sie entspannter und genauer beobachten.

Sie sind in Kontakt mit sich selber. Sie spüren sich. Sie sind dem inneren evolutionären Impuls angeschlossen und sind sich ihrer Einzigartigkeit bewusst.

Sie geben sich die Zeit für alle möglichen Dinge, welche Erwachsene oft als Zeitverschwendung betrachten. In Wahrheit ist es jedoch nicht Zeitverschwendung, sondern Zeitqualität.

Es ist nämlich so: Wenn andauernd etwas passiert und fast ohne Unterbruch stimuliert wird, ist die Aufmerksamkeit somit ständig nach aussen gerichtet. Das hat zur Folge, dass beim Kind sowie auch beim Erwachsenen der Kontakt zu sich selber sukzessive verloren geht.

Wenn es Dir jedoch gelingt, Dich dem Tempo des Kindes anzupassen, so bekommst Du dadurch die grosse Chance, Deine eigene Muße wiederzufinden. Und damit auch Deine eigene Einzigartigkeit.

Tatsache ist: Das Tempo Deines Kindes ist um einiges langsamer als jenes von Dir.

Und hier liegt die grosse Herausforderung. Vom Kind wird automatisch erwartet, sich der Geschwindigkeit des Erwachsenen anzupassen.

Doch wie wäre es, wenn Du stattdessen mal den Versuch unternimmst, Dich der Langsamkeit Deines Kindes anzupassen und dabei Deine eigene Muße wiederzuentdecken?

Davon profitiert nicht nur Dein Kind in höchstem Masse, sondern auch Du!

4. Muße ist der Motor fürs Gehirn

Gehirnforscher haben bereits vor Jahrzehnten herausgefunden, dass die Phasen der Muße die Regeneration fördern, das Gedächtnis stärken und die Voraussetzung für Einfallsreichtum und Kreativität sind.

Wissenschaftliche Test, bei welchen die Aktivität in den unterschiedlichen Bereichen des Gehirns sichtbar gemacht wurde, ergaben Folgendes: Immer, wenn sich die Testpersonen auf bestimmte Aufgaben konzentrierten und anstrengten, nahm in bestimmten Hirnarealen die Aktivität ab statt wie erwartet zu. Umgekehrt wurden diese Hirnregionen erst beim Nichtstun richtig tätig. Sobald die Tests beendet waren und sich die Testpersonen frei fühlten, sprang die Betriebsamkeit in diesen Arealen sprunghaft an.

Interessant, nicht?

Unser Gehirn braucht offenbar immer wieder Zeiten des Nichtstuns. Neue Gedanken und auch die sogenannten berühmten Geistesblitze ereilen uns eben häufig nicht beim konzentrierten und analytischen Denken, sondern in den Momenten der Entspannung entstehen sie ganz von selbst.

Bei Kindern geschieht das automatisch beim natürlichen Spiel.

Denn nur wenn das Gehirn befreit ist von Input, kann es sozusagen in sich selbst spazieren gehen, um frische Verbindungen zwischen den Nervenzellen zu knüpfen und somit wieder neue Zusammenhänge zwischen den gespeicherten Fakten herzustellen.

5. Muße ist das Tor zur Gesundheit

Muße und Zeit zu haben ist nicht nur ein Privileg, sondern etwas, was der menschliche Organismus unbedingt braucht, um gesund zu bleiben.

Längst ist bekannt, dass bei zu viel Stress und zu wenig Muße der Körper mit Krankheit reagiert. Dauerstress wirkt sich in ganz unterschiedlichen Formen von Krankheiten aus. Kinder reagieren oftmals mit einer erhöhten Anfälligkeit für Grippe und Fieber. Aber nicht nur. Immer häufiger tritt bei Kindern, teilweise schon bei 9-jährigen, das sogenannte Burnout und andere ähnliche Krankheiten wie Depressionen auf, was mehr als erschreckend ist.

Mit bewusster Muße wird nicht nur die Gesundheit Deines Kindes gestärkt, sondern auch Deine eigene.

6. Mit Muße gewinnst Du Zeit

Wie ist es möglich, mit Muße Zeit zu gewinnen, wo es doch Zeit braucht für Muße?

Zeit ist rar, und sicher möchtest auch Du mehr davon. Das Problem der meisten Eltern ist: Sie wollen zu viel.

Sie wollen nichts verpassen.

Sie wollen alles.

Das führt zum Tanzen auf vielen Hochzeiten mit dem Resultat, nie Zeit zu haben.

Wenn es Dir jedoch gelingt, aus der Übermenge von Angeboten nur ein paar Delikatessen herauszupicken, und Dir zugleich ganz bewusst Zeit für Muße einzuplanen, so gewinnst Du mehr und mehr Zeit.

Insbesondere kleinen Kindern tust Du einen grossen Gefallen, wenn Du mit ihnen so wenig Termine wie möglich hast, im Idealfall gar keine. Du verlierst dadurch keine Zeit. Und Du verpasst auch nichts.

Im Gegenteil. Du weißt sie einfach anders zu nutzen.

Wenn Du Dein Tempo der Langsamkeit Deines Kindes anzupassen beginnst, entdeckst Du die Langsamkeit immer mehr als Stärke.

Letztendlich ist es nämlich so: Je langsamer Du bist, desto mehr Zeit gibst Du Dir, und je mehr Du Dich beeilst, desto mehr Zeit nimmst Du Dir weg.

Das klingt total paradox.

Ich versuche es Dir zu erklären: Stelle Dir Zeit als eine gerade Linie vor von A (wo der Tag beginnt) nach B (wo der Tag aufhört). Wenn Du Dich nun sehr schnell von Punkt A nach Punkt B bewegst, kommst du viel schneller bei Punkt B an, als wenn Du Dich sehr langsam von Punkt A nach Punkt B bewegst. Das leuchtet ein, ja?

Objektiv gesehen haben wir Menschen zwar alle gleich viel Zeit, nämlich 24 Stunden am Tag, zur Verfügung. Doch wie wir sie wahrnehmen und ob wir das Empfinden von viel oder wenig Zeit haben, das hat mit dem individuellen Tempo jedes Einzelnen zu tun. So gesehen hat der Mensch doch wieder unterschiedlich viel Zeit zur Verfügung.

Mit mehr Muße hast Du automatisch mehr Zeit! Ist das etwas für Dich zum Ausprobieren?

7. Muße schenkt Lebensqualität

Muße gibt Dir und Deinem Kind die Erlaubnis zum Nichtstun, zum Erspüren Deiner wahren Bedürfnisse, zum Entwickeln eines neuen Lebensgefühls.

In der Muße fällt das Müssen weg.

Nichts muss geleistet, nichts muss getan werden.

Du darfst einfach sein. Sein ohne zu müssen.

Die Muße ist ein Geschenk, um eins zu werden mit dem Augenblick und mit sich selbst im Sein.

Muße hat letztlich nichts mit der Zahl der freien Stunden zu tun, sondern ist vielmehr eine innere Begegnung, die Dich näher mit Dir selbst in Kontakt bringt. Sie bringt Dir und Deinem Kind mehr Lebensqualität.

Ich wünsche Dir viel Muße zusammen mit Deinem Kind!

Und schreib mir doch in einem Kommentar, wie es um Deine Musse steht. Ich bin gespannt . . .

 «Lass die Beziehung zu Deinem Kind in voller Pracht erblühen – für Dich und Dein Kind!»

2 Kommentare
  1. Kerstin
    Kerstin says:

    Liebe Doris
    Danke für Deine Inputs.
    Vorallem das mit der Hirnforschung finde ich spannend. Weisst Du noch, welche Forscher das waren?
    Ich habe selber an mir schon beobachtet, dass wenn ich mir Langsamkeit erlaube, viel mehr erreiche, als wenn ich mich hetze.

    Antworten
    • einzigkeit_admin
      einzigkeit_admin says:

      Liebe Kerstin
      Vielen lieben Dank für deine Zeilen. Ja, es ist ein spannendes Thema. Hm, es gibt einige spannende Hirnforscher, von welchen ich schon Bücher gelesen habe, wie zum Beispiel Gerhard Hüther. Ihn kann ich wirklich sehr empfehlen, wenn du da noch tiefer eintauchen möchtest. Er hat schon viele Bücher geschrieben.
      HERZlichst, Doris

      Antworten

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